Firmenportrait

„MIT 55 JAHREN TUST DU DIR DAS NOCH AN?“


Chance. Warum Georg Laimer nach der Alpine-Pleite den Sprung in die Selbstständigkeit wagt.

Karin Zauner, Salzburg (SN). Natürlich haben die Mitarbeiter der Alpine Bau gewusst, dass es um das Unternehmen nicht gut steht, „und doch haben wir nicht geglaubt, dass die Alpine tatsächlich pleitegeht“, sagt Georg Laimer. Der 55-Jährige ist seit vier Jahrzehnten in der Baubranche tätig, zuletzt 14 Jahre bei der Alpine-Tochter Emberger & Heuberger. Er ist einer von rund 5000 Mitarbeitern, die von der Pleite betroffen sind. „Da macht man sich schon Sorgen um die eigene Zukunft“, sagt er. Doch der gelernte Installateur nutzt die Misere, um das zu tun, worüber er in seinem Leben immer wieder einmal nachgedacht hat. Er macht sich selbstständig.

Georg Laimer

Wenn er das erzählt, macht Laimer den Eindruck, als ob er es selbst noch gar nicht glauben kann, was er hier vorhat. Aber bei einem ist er sich sicher: „Das funktioniert, ich habe so viel Erfahrung und so viele Kontakte, ich schaffe das.“ Und außerdem gebe es in Salzburg genügend Menschen, die ihr Heim schön gestalten wollten und sich das auch leisten könnten. „Aber die Kunden wollen und können sich immer weniger selbst um einen Umbau oder Bau kümmern.“

Laimer macht sich als Spezialist rund ums Bad selbstständig. Sein Plan: Er will den Kunden von der Planung bis zur Endreinigung ein Komplettangebot bieten – „Ich lege ihnen auch noch das frische Handtuch ins neue Bad.“ Das heißt, er koordiniert alle Handwerksleistungen und hat neben seiner Erfahrung als Installateur auch andere Professionisten wie Bodenleger, Elektriker und Fliesenleger zur Hand. Dass er das kann, weiß Laimer, hat er doch diesen Bereich bei Emberger & Heuberger aufgebaut. Starten will Laimer mit zwei Mitarbeitern aus der früheren Firma.

Laimer hätte bei der geplanten Nachfolgegesellschaft für Emberger & Heuberger weiterarbeiten können. Warum macht sich dann ein 55-Jähriger selbstständig? „Die Lust, noch mehr Verantwortung zu tragen, etwas Eigenes auf die Füße zu stellen“, erklärt der „Jungunternehmer“.

Bevor sich Georg Laimer fix für die Selbstständigkeit entschieden hat, hat er seine Frau und seine zwei erwachsenen Kinder für drei Tage an den Neusiedler See eingeladen. „Da habe ich sie dann gefragt, was sie von meinen Plänen halten, und sie haben spontan gesagt, sie würden helfen, etwa bei der EDV“, erzählt er. Auch sein bisheriger Chef habe ihm zu dem Schritt gratuliert.

Ein Geschäftslokal hat Laimer bereits, im Gebäude des Fliesengroßhandels Tecchio in der Ignaz-Harrer-Straße 72 in der Stadt Salzburg. Dort soll in der nächsten Zeit ein Handwerkszentrum entstehen. Positiv überrascht ist Laimer von der Unterstützung seitens der Bank und der Wirtschaftskammer. „Mir wird hier nichts in den Weg gelegt, das läuft alles reibungslos“, erzählt er. In welcher Höhe er einen Jungunternehmerkredit in Anspruch nehmen wird, weiß er noch nicht. „Das hängt davon ab, wie das Geschäft die ersten Monate läuft“, sagt Laimer. Derzeit klärt er mit seinem Steuerberater, ob er Fahrzeuge aus der Insolvenz rauskaufen oder doch lieber neue Fahrzeuge leasen soll. Als Leiter des Bereichs Haustechnik bei Emberger & Heuberger musste sich Laimer auch um kaufmännische Angelegenheiten kümmern. „Aber wenn die Rechnungen draußen waren, dann war das für mich erledigt, dann hat sich die Buchhaltung darum gekümmert.“ Jetzt ist da aber niemand mehr.

27 Jahre lang hat Laimer immer wieder über das Thema Selbstständigkeit nachgedacht. „Doch bei mir hat es mit dem Arbeitsplatz immer gestimmt. Ich habe in guten Teams und in guten Unternehmen gearbeitet, da macht man nicht ohne Not diesen Sprung“, sagt er. Die Alpine-Pleite hat ihm nun den richtigen Stoß versetzt, doch zu springen. Freunde fragen ihn: „Was tust du dir das mit 55 Jahren noch an?“ Laimer antwortet, er fühle sich leistungsfähig und fit. Ob er sich freue? „Ja, schon sehr.“

SN Print | 03.07.2013

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